tutorium_singing

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tutorium_singing [2021/05/31 09:16]
martin [Rhythmische Gestaltung]
tutorium_singing [2022/04/21 13:58] (aktuell)
martin
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 ===== Tutorial: Spektraldarstellung von Gesangsaufnahmen ===== ===== Tutorial: Spektraldarstellung von Gesangsaufnahmen =====
  
-In diesem Tutorial sollen die im [[tutorium_spektral|Tutorial: Spektraldarstellung mit dem Sonic Visualiser]] gewonnenen Einsichten anhand einer Gesangsaufnahme weitergeführt und vertieft werden. Dabei geht es um die Analse der melodischen Gestaltung, der klanglichen Eigenheiten und des Rhythmus. +In diesem Tutorial werden die im [[tutorium_spektral|Tutorial: Spektraldarstellung mit dem Sonic Visualiser]] gewonnenen Einsichten anhand einer Gesangsaufnahme weitergeführt und vertieft. Dabei geht es um die Analyse der melodischen Gestaltung, der klanglichen Eigenheiten und des Rhythmus. 
  
-   Bitte laden sie sich come_back_baby.mp3 auf Ihren Computer. +   Bitte laden sie sich Audio02.mp3 auf Ihren Computer. 
    Hören Sie sich die Aufnahme in Ruhe an. Was fällt auf?    Hören Sie sich die Aufnahme in Ruhe an. Was fällt auf?
  
-[[https://analyse.hfm-weimar.de/lib/exe/fetch.php?media=come_back_baby.mp3|come_back_baby.mp3]] \\ +[[https://analyse.hfm-weimar.de/lib/exe/fetch.php?media=come_back_baby.mp3|Audio02.mp3]] \\ 
  
-Es handelt sich um die Aufnahme des Songs "Come Back, Baby" (1954) des Soul-Sängers [[https://en.wikipedia.org/wiki/Ray_Charles|Ray Charles]]. Es handelt sich um eine Mono-Aufnahme, bei dem der Gesang von Charles ganz im Mittelpunkt steht; die Begleitband (Rhythmusgruppe, Bläser) ist relativ leise im Hintergrund zu hören. Dies ist von Vorteil für die Analyse des Gesangs, dessen spektrale Darstellung auch im Spektrogramm gut zu erkennen ist und nicht durch die Begleitband "zugedeckt" wird. +Es handelt sich um die Aufnahme des Songs "Come Back, Baby" (1954) des Soul-Sängers [[https://en.wikipedia.org/wiki/Ray_Charles|Ray Charles]]. Bei dieser Mono-Aufnahme steht der Gesang von Charles ganz im Mittelpunkt; die Begleitband (Rhythmusgruppe, Bläser) ist relativ leise im Hintergrund zu hören. Dies ist von Vorteil für die Analyse des Gesangs, dessen spektrale Darstellung auch im Spektrogramm gut zu erkennen ist und nicht durch die Begleitband "zugedeckt" wird. 
  
-   Bitte fertigen Sie im Sonic Visualiser eine Spektraldarstellung der Aufnahme an.\\  +   Bitte fertigen Sie im Sonic Visualiser eine Spektraldarstellung der Aufnahme an.  
-   Schauen Sie sich beim erneuten Anhören die Spektraldarstellung an (follow playback: scroll). \\  +   Schauen Sie sich beim erneuten Anhören die Spektraldarstellung an (follow playback: scroll).  
-   Vergleichen Sie Ihren Höreindruck mit dem, was Sie im Spektrogramm sehen.\\   +   Vergleichen Sie Ihren Höreindruck mit dem, was Sie im Spektrogramm sehen. 
-   Was fällt Ihnen zusätzlich auf?\\    +   Was fällt Ihnen zusätzlich auf?    
  
 Die folgenden Abschnitte widmen sich Auffälligkeiten der melodischen, klanglichen und rhythmischen Gestaltung der Aufnahme, wie sie im Spektrogramm zu beobachten sind.  Die folgenden Abschnitte widmen sich Auffälligkeiten der melodischen, klanglichen und rhythmischen Gestaltung der Aufnahme, wie sie im Spektrogramm zu beobachten sind. 
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    Wie gestalten sich im Vergleich dazu die Bläserakkorde im Hintergrund?    Wie gestalten sich im Vergleich dazu die Bläserakkorde im Hintergrund?
        
-   Suchen Sie Beispiele für +   Suchen Sie in der Aufnahme Passagen mit 
-   ein starkes Gleiten der Stimme+   einem starken Gleiten der Stimme
    - Vibrato    - Vibrato
-   verschiedene Ornamentierungen +   verschiedenen Ornamentierungen 
  
 ==== Klangliche Gestaltung ==== ==== Klangliche Gestaltung ====
 +In der klanglichen Gestaltung des Gesangs überlagern sich verschiedene Aspekte: 
 +  * Eigenheiten der Sprache (Vokalformanten, Konsonanten),
 +  * der anatomisch bedingte persönliche Klang einer Stimme,
 +  * spezielle melodische Ausdrucksmittel (Schleifer, Ornamente etc.),
 +  * Einsatz der unterschiedlichen Stimmregister (Bruststimme, Falsett etc.), 
 +  * Einsatz verschiedener Stimmgebungsarten und Gesangstechniken (Schreien, Belting, Crooning; Rauigkeit, Behauchtheit, Twang etc.) 
 +Mit etwas Übung lassen sich manche dieser Eigenheiten - aber leider nicht alle und nicht in jeder Gesangsaufnahme - im Spektrogramm erkennen.  
 +
 +   Hören Sie sich die Aufnahme noch einmal an. 
 +   Notieren Sie sich die klangliche Eigenheiten von Ray Charles.
 +   Wie klingt seine Stimme - generell und in bestimmten Passagen?
  
 Obertonstruktur und **Formanten** (Formantbereiche) der **Vokale**: \\  Obertonstruktur und **Formanten** (Formantbereiche) der **Vokale**: \\ 
-Die Grundschwingung der Stimmlippen (F0) Die ersten beiden Formanten F1 (Rachenraum) und F2 (Lippenraum) sind für die Verständlichkeit der Vokale wichtig. Ihre Lage charakterisiert den gesprochenen oder gesungenen Vokal. +Die Grundschwingung der Stimmlippen (F0) entspricht in der Regel der wahrgenommenen Grundtonhöhe. Die ersten beiden Formanten F1 (Rachenraum) und F2 (Lippenraum) sind für die Verständlichkeit der Vokale wichtig. Die Lage dieser beiden Formantbereiche charakterisiert den gesprochenen oder gesungenen Vokal. Hier eine Tabelle mit Orientierungswerten zur Lage von F1 und F2
  
    Vokal          F1      F2    Vokal          F1      F2
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    I ​i​ 320 Hz 3200 Hz    I ​i​ 320 Hz 3200 Hz
  
-Der dritte und der vierte Formant F3 (Mundraum) und F4 sind dagegen für die Artikulation der Vokale nicht mehr wesentlich. Sie charakterisieren eher die Anatomie der Sänger*in, ihre Artikulationseigenarten und ihr 'Timbre'+   Vergrößern Sie bitte den unteren Bereich des Spektrogramms 0 - ca. 4000 Hz.  
 +   Können Sie bei (laut) gesungenen Vokalen die verschiedenen Formantbereiche F1 und F2 erkennen? 
 + 
 +Der dritte und der vierte Formantbereich F3 (Mundraum, ca. 2-3 kHz) und F4 (ca. 3-5 kHz) sind für die Artikulation der Vokale nicht mehr wesentlich. Sie charakterisieren eher die individuelle Anatomie der Sänger*in, ihre Artikulationseigenarten und ihr 'Timbre'
  
 Für die Klangwirkung einer Gesangsstimme in Abhängigkeit von besonders hervorgehobenen Formant- bzw. Frequenzbereichen gibt es nur grobe Orientierungspunkte ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Formant|Quelle]]):  Für die Klangwirkung einer Gesangsstimme in Abhängigkeit von besonders hervorgehobenen Formant- bzw. Frequenzbereichen gibt es nur grobe Orientierungspunkte ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Formant|Quelle]]): 
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    1800 bis 2600 Hz hell         2. Formant e    1800 bis 2600 Hz hell         2. Formant e
    2600 bis 4000 Hz brillant 2. Formant i    2600 bis 4000 Hz brillant 2. Formant i
-   8000 Hz         spitz         diffuse Höhen+   8000 Hz         spitz         diffuse Höhen
    über 10000 Hz         scharf         Oberton-„Glanz“     über 10000 Hz         scharf         Oberton-„Glanz“ 
  
 **Konsonanten**: Zischlaute wie //s// oder //sch// sind im Spektrogramm als Wolken (Rauschen) zu erkennen.  **Konsonanten**: Zischlaute wie //s// oder //sch// sind im Spektrogramm als Wolken (Rauschen) zu erkennen. 
  
-Passagen im **Falsett** (Mann) oder der **Kopfstimme** (Frau) besitzen - im Vergleich zur vollen Brust- oder Modalstimme - relativ wenig Obertöne. Dies ist darauf zurückzuführen, dass nur der Rand der Stimmlippe in einer vergleichweise sinusartigen Bewegung schwingt. +   Wo sind in der Spektraldarstellung der Aufnahme Zischlaute gut zu erkennen?
  
-Passagen mit **rauer** und **heiserer Stimmgebung** sind entweder als Rauschen (graue Wolkenzu erkennen, oder aber es sind bei Rauigkeit zwischen den parallel verlaufenden Obertönen weitere parallele Linien zu erkennenDiese //Subharmonics// (zwischen den //harmonics//den harmonischen Teiltönen) weisen auf ein weiteres Schwingungselement (z.B. die Taschenfalten oberhalb der Stimmlippen) hin, dessen Schwingungen sich mit der Stimmlippenschwingungen überlagern+Passagen im **Falsett** (Mann) oder der **Kopfstimme** (Fraubesitzen - im Vergleich zur vollen Brust- oder Modalstimme - relativ wenige bzwweniger stark ausgeprägte Obertöne. Dies ist darauf zurückzuführendass nur der Rand der Stimmlippe in einer vergleichweise sinusartigen Bewegung schwingt
  
 +Passagen mit **rauer** und **heiserer Stimmgebung** sind entweder als Rauschen (graue Wolken) zu erkennen, oder aber es sind zwischen den parallel verlaufenden Obertönen weitere parallele Linien zu erkennen. Diese //Subharmonics// (zwischen den //harmonics//, den harmonischen Teiltönen) weisen auf ein weiteres Schwingungselement (z.B. die Taschenfalten oberhalb der Stimmlippen) hin, dessen Schwingungen sich mit der Stimmlippenschwingungen überlagern.\\ 
 +Eine **behauchte** Stimmgebung erkennt man am hohen Anteil von Rauschen (graue Wolken). 
 +
 +   Versuchen Sie nun Ihre Notizen zum Stimmklang (s. oben) auf die geschilderten Phänomene zu beziehen. 
    Suchen Sie im Spektrogramm der Aufnahme von Ray Charles nach den genannten Phänomenen:     Suchen Sie im Spektrogramm der Aufnahme von Ray Charles nach den genannten Phänomenen: 
-   - Vokale mit spezifischem Formantbereich 
    - bestimmte Timbre-Qualitäten    - bestimmte Timbre-Qualitäten
-   - Konsonanten 
    - Passagen im Falsett    - Passagen im Falsett
    - Passagen mit großer Rauigkeit    - Passagen mit großer Rauigkeit
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    Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen dem Rhythmus von Gesang und Begleit-Band?    Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen dem Rhythmus von Gesang und Begleit-Band?
  
-Tipp: Wählen Sie eine langsamere Abspielgeschwindigkeit und versuchen Sie dann den Grundschlag der Band (Schlagzeug) mitzuschlagen. Achten Sie darauf, welche vertikalen Linien im Spektrogramm den einzelnen Beats entsprechen. \\  +Tipp: Wählen Sie eine langsamere Abspielgeschwindigkeit und versuchen Sie dann den Grundschlag der Band (Schlagzeug) mitzuschlagen. Achten Sie darauf, welche vertikalen Linien im Spektrogramm den einzelnen Beats entsprechen. Wird der Grundschlag in zwei (binär), drei (ternär) oder vier (quarternär) Schläge unterteilt?\\  
-Schauen Sie nun, wo jeweils die Gesangstöne von Ray Charles beginnen. Erklingen diese synchron zur Band, davor oder danach? (Wenn letzteres: Wie groß ist der Abstand zwischen Gesang und Band in Millisekunden? Welchem Notenwert entspricht dies? Bei einem Tempo von 6p bpm ist jeder Beat genau 1 Sekunde lang. Das Stück "Come back Baby" steht in einem Tempo von ca. 45 bpm...)+Schauen Sie nun, wo jeweils die Gesangstöne von Ray Charles beginnen. Erklingen diese synchron zur Band, davor oder danach? Wenn letzteres: Wie groß ist in etwa der Abstand zwischen Gesang und Band in Millisekunden? Welchem Notenwert entspricht dies? (Zur Orientierung: Bei einem Tempo von 60 bpm ist jeder Beat genau 1 Sekunde lang.)
  
 ==== Aufgaben ==== ==== Aufgaben ====
  
-Visualieren Sie nun eine Gesangsaufnahme Ihrer Wahl und versuchen Sie, an der Spektraldarstellung ausgewählter Ausschnitte die Besonderheiten der melodischen, klanglichen und rhythmischen Gestaltung zu beschreiben. Achten bei Ihrer Wahl darauf, dass der Gesang nicht durch die Begleitband überdeckt wird - oder wählen Sie Passagen, in denen der Gesang besonders exponiert ist (z.B. Solo-Passagen zu Beginn einer Aufnahme oder bei Breaks). +Visualieren Sie nun eine Gesangsaufnahme Ihrer Wahl und versuchen Sie, an der Spektraldarstellung ausgewählter Ausschnitte die Besonderheiten der melodischen, klanglichen und rhythmischen Gestaltung zu beschreiben. Achten Sie bei Ihrer Auswahl darauf, dass der Gesang nicht durch die Begleitband überdeckt wird - oder wählen Sie Passagen, in denen der Gesang besonders exponiert ist (z.B. Solo-Passagen zu Beginn einer Aufnahme oder bei Breaks). 
  
-Sie können sich auch Notizen direkt ins Spektrogramm machen, indem Sie ein //Text layer// erzeugen und anschließend die gesamte //Session// abspeichern.\\ +Tipp: Sie können auch Notizen direkt ins Spektrogramm schreiben, indem Sie ein //text layer// erzeugen und anschließend die gesamte //Session// abspeichern.\\ 
-Exportieren Sie aussagekräftige Ausschnitte (//File - Export Image File//), um sie in eine Textdatei oder eine Präsentation einzubinden. +Exportieren Sie aussagekräftige Ausschnitte (//File - Export Image File//), um sie in Textdatei oder eine Präsentation einzubinden. 
  
 ==== Literatur zur Vertiefung ==== ==== Literatur zur Vertiefung ====
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 Pfleiderer, Martin: "Vocal Pop Pleasures. Theoretical, Analytical and Empirical Approaches to Voice and Singing in Popular Music", in: //IASMP@Journal. Online Journal of the International Association for the Study of Popular Music//, 1/1 (2010) [[http://www.iaspmjournal.net/index.php/IASPM_Journal/article/view/301/547|online]]. Pfleiderer, Martin: "Vocal Pop Pleasures. Theoretical, Analytical and Empirical Approaches to Voice and Singing in Popular Music", in: //IASMP@Journal. Online Journal of the International Association for the Study of Popular Music//, 1/1 (2010) [[http://www.iaspmjournal.net/index.php/IASPM_Journal/article/view/301/547|online]].
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 +{{ :tutorial_audio_basics_voice_musterloesungen.pdf |}}
  • tutorium_singing.1622452611.txt.gz
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  • von martin